über uns

Der SFB 1607, die Augenklinik und die Universität zu Köln

Die Universität zu Köln (UzK), gegründet im Jahr 1388, gehört zu den ältesten und größten Universitäten Europas. Mit ihren sechs Fakultäten deckt sie ein breites Fächerspektrum ab. Gleichzeitig zählt sie zu den forschungsstärksten Universitäten Deutschlands – aktuell (Stand 06/2024) ist sie bundesweit Spitzenreiter bei der Anzahl an Sonderforschungsbereichen (SFBs) mit Sprecher*in in Köln.

In den letzten Jahren hat die UzK ihre strategische Forschungsagenda grundlegend neu ausgerichtet und dabei gezielt wissenschaftliche Schwerpunkte definiert, woraus acht Profilbereiche entstanden sind. Der erste und bedeutendste davon ist der Bereich „Altersassoziierte Erkrankungen“. Er ist eng mit dem Exzellenzcluster CECAD verknüpft, einer gemeinsamen Initiative der Medizinischen Fakultät, der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät sowie dem Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung (MPI-MR) und für Biologie des Alterns (MPI-AGE).

Die beiden Fakultäten verbindet eine langjährige, erfolgreiche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der molekularen Krankheitsforschung. Diese enge Kooperation zwischen Grundlagenforschung und klinischer Anwendung wurde unter anderem durch das Zentrum für Molekulare Medizin Köln (ZMMK) gestärkt, das gezielt den interdisziplinären Austausch zwischen Grundlagenwissenschaftler*innen und klinisch tätigen Forschenden fördert.

Der SFB 1607 knüpft direkt an diesen erfolgreichen Forschungsansatz an. Er ist fest im Profilbereich „Altersassoziierte Erkrankungen“ verankert und wird diesen zukunftsweisenden Schwerpunkt der UzK maßgeblich weiter stärken.

Die Medizinische Fakultät der UzK konzentriert ihre Forschung auf altersassoziierte Erkrankungen, Entzündungsprozesse und Regeneration sowie auf die Onkologie. Unser SFB 1607 kooperiert eng mit all diesen Schwerpunkten sowie mit dem Exzellenzcluster CECAD und beiden Kölner Max-Planck-Instituten – dem MPI-MR und dem MPI-AGE.

Die zentrale Mission der Medizinischen Fakultät sowie des Universitätsklinikums Köln (UKK) ist die Förderung klinischer, translationaler und grundlagenwissenschaftlicher Forschung mit dem Ziel, moderne diagnostische Verfahren und neuartige Therapien zu entwickeln und in die klinische Anwendung zu überführen. Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei altersassoziierte Erkrankungen ein – ein Fokus, der gemeinsam mit der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät zu einem Profilbereich der UzK weiterentwickelt wurde.

Das Zentrum für Augenheilkunde legt seinen Schwerpunkt auf klinische und experimentelle Bildgebung sowie auf translationale Forschung und umfasst derzeit über 45 hauptamtlich tätige Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen.

Die Abteilung betreibt zwei Reading Center für Studien der Phasen II bis IV sowie ein eigenes Studienzentrum, in dem aktuell über 15 klinische Studien (Phase II–IV) durchgeführt werden.

Gefördert wird die Forschung unter anderem durch:

  • die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), insbesondere im Rahmen des neu eingerichteten Schwerpunktforschungsbereichs SFB 1607 („Immunmodulierende und anti-(lymph)angiogene Therapien bei altersbezogenen erblindenden Augenerkrankungen“),
  • mehrere Einzelanträge bei der DFG,
  • zwei EU-Förderprogramme:
    • COST Action Aniridia-Net, mit Köln als Co-Sitz unter der Leitung von Prof. Cursiefen,
    • das EU-Horizon-Projekt „Restore Vision“ mit einem Projektleiter in Köln (Claus Cursiefen; restorevision-project.eu),
  • das EU-FP7 STRONG-Projekt, dessen Reading Center ebenfalls von Köln aus geleitet wird,
  • eine große BMBF-Förderung („CrossCornealVision“, Leitung: Claus Cursiefen),
  • sowie durch mehrere private Stiftungen und weitere Drittmittelgeber.

In den vergangenen drei Jahren haben sich die Drittmittel der Klinik auf über 26 Millionen Euro vervielfacht.

Die Klinik verfügt über hauseigene Tierhaltungseinrichtungen. Der Forschung stehen über 300m² Laborfläche zur Verfügung.

Übersicht

Forschungsbereiche des SFB 1607

Forschungsbereich A – Entzündliche und (lymph)angiogene Trübung der Hornhaut und Visusverlust

In diesem Bereich geht es um die bislang unzureichend verstandenen Ursachen und unzureichenden Therapien der entzündlich und (lymph)angiogenetisch bedingten Trübung der Hornhaut und damit verbundenem Sehverlust. Alle Teilprojekte dieses Forschungsbereichs befassen sich mit demselben Augenabschnitt – der Hornhaut – und sind durch mehrere gemeinsame pathophysiologische Mechanismen eng miteinander verknüpft, darunter (korneale) Lymphangiogenese, UV-Strahlung und die Aktivierung dendritischer Zellen (DCs).

Die Hornhaut ist die durchsichtige „Windschutzscheibe“ des Auges. Ihre Transparenz kann durch verschiedene Ursachen beeinträchtigt werden, etwa durch:

  • eine eingeschränkte Pumpfunktion des kornealen Endothels,
  • krankhafte Entzündungsreaktionen, die häufig mit pathologischer Häm- und Lymphangiogenese einhergehen und dadurch auch den Erfolg von Hornhauttransplantationen gefährden (derzeitige Standardtherapie),
  • einen Stammzellmangel, der die kontinuierliche Regeneration der Augenoberfläche durch limbale Stammzellen behindert.

Projekt A01 widmet sich der Modulation entzündlicher und sekundär fibrotischer Veränderungen der extrazellulären Matrix (ECM) bei der Fuchs-Endotheldystrophie – der häufigsten Erkrankung, die zu einer Hornhauttransplantation führt.

Projekt A02 untersucht stammabhängige genetische Variationen der (Lymph)angiogenese mithilfe der Hornhaut als Modellsystem in Collaborative Cross Line-Mäusen. Dabei werden neue endogene Regulatoren der Lymphangiogenese bei metabolisch veränderten Mäusen identifiziert und ihr funktioneller Einfluss auf die Wundheilung der Hornhaut analysiert. Darüber hinaus wird A02 in enger Zusammenarbeit mit den übrigen Projekten des Bereichs A sowie mit mehreren Projekten der Bereiche B und C weitere neue Modulatoren der Lymphangiogenese identifizieren und funktionell charakterisieren.

Projekt A03 untersucht krankheitsspezifische und individuelle Unterschiede bei Hoch- und Niedrigrisiko-Hornhauttransplantationen, die durch pathologische (Lymph)angiogenese und Aktivierung von DCs gekennzeichnet sind. Ziel ist die Entwicklung personalisierter anti-lymphangiogener und immunmodulatorischer Therapien, um die Transplantatüberlebensrate zu verbessern – mit besonderem Fokus auf UV-lichtbedingte Veränderungen der Lymphgefäße und der DC-Aktivierung.

Projekt A04 erforscht ein neuartiges Konzept: die stoffwechselabhängige Kontrolle der Häm- und Lymphangiogenese der Hornhaut, insbesondere im Kontext der Transplantationsimmunologie der Hornhaut.

Projekt A05 untersucht die Rolle der ABCB5+ limbalen Stammzellpopulationen bei der (Lymph)angiogenese der Hornhaut, bei entzündlichen Prozessen sowie bei der UV-induzierten Pterygium-Pathogenese – einer Erkrankung, die ebenfalls durch abnorme (Lymph)angiogenese gekennzeichnet ist.

Forschungsbereich B – Schwere Entzündung der Augenoberfläche und (Lymph)angiogenese bei Trockenem Auge, okulärer GvHD und Allergien

Forschungsbereich B widmet sich den Mechanismen und neuen Therapieansätzen bei schwerer Entzündung der Augenoberfläche, mit einem besonderen Fokus auf dem Trockenen Auge, der okulären Graft-versus-Host-Erkrankung (oGvHD) sowie allergischen Erkrankungen. Alle Projekte in diesem Bereich sind durch die Untersuchung entzündlicher Veränderungen an der Augenoberfläche miteinander verbunden – also an Hornhaut, Bindehaut und Tränenfilm – und verfolgen das gemeinsame Ziel, entzündliche und lymphangiogene Aktivierungsprozesse an diesen Strukturen gezielt zu dämpfen.

Projekt B01 untersucht die neuartige pathogene Rolle der Lymphgefäße bei der oGvHD. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Funktion von Thrombospondin-1 (TSP1) und der NFKb-Signalgebung bei Lymphangiogenese und Entzündung in der oGvHD.

Projekt B02 analysiert die Rolle der Osmosensation in der Aktivierung von Makrophagen und der (Lymph)angiogenese bei entzündlichen Erkrankungen der Augenoberfläche.

Projekt B03 testet die Hypothese, dass eine CD83-basierte Immunmodulation immunologische Erkrankungen der Augenoberfläche beeinflussen kann – unter Einsatz verschiedener Krankheitsmodelle mit einem besonderen Fokus auf das Trockene Auge und die herpetische Keratitis.

Projekt B04 untersucht die Variabilität und Organspezifität der Interaktionen zwischen Lymphgefäßen und dendritischen Zellen (DCs) im Auge – unter anderem mithilfe eines innovativen Modells der konjunktivalen Augenallergie, wobei das Auge auch als Modellsystem für systemische Mechanismen dient.

Forschungsbereich C – Immunvermittelte und (neo)vaskuläre Sehverluste bei Glaukom, okulären Tumoren und AMD

Forschungsbereich C untersucht immunvermittelte und neovaskuläre Ursachen für Sehverlust bei Glaukom, Augentumoren und der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD). Die beteiligten Projekte konzentrieren sich vorwiegend auf Gewebe im hinteren Augenabschnitt und sind – neben den beiden zentralen pathogenen Mechanismen – durch die gemeinsame Analyse der Effekte veränderter Entzündungsprozesse und (Lymph)angiogenese auf die Netzhaut und die Aderhaut miteinander verbunden. Ziel ist auch hier die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze.

Projekt C01 analysiert die Rolle mitochondrialer Dysfunktion als Auslöser retinaler Neuroinflammation beim Glaukom.

Projekt C02 untersucht lymphangiogene Mediatoren im Schlemm-Kanal und deren Bedeutung für die Pathogenese und Therapie des Glaukoms – ein hochaktuelles Thema in der Glaukomforschung. Hier wird insbesondere SVEP-1 als neuer Modulator der Lymphangiogenese und potenzielles Therapieziel charakterisiert.

Die Projekte C01 und C02 sind eng miteinander vernetzt.

Projekt C03 befasst sich mit der (Lymph)angiogenese bei okulären Tumoren, insbesondere mit der Rolle des Wachstumsfaktors Midkine in der Regulation von Tumorwachstum und Gefäßneubildung.

Projekt C04 untersucht die Rolle dendritischer Zellen (DCs) und entzündlicher Zytokine im Hinblick auf neue therapeutische Ansätze bei konjunktivalem Melanom.

Ein weiterer Schwerpunkt in Bereich C liegt auf der fehlgeleiteten zellulären Immunität bei immunvermittelten und neovaskulären Sehverlusten im Rahmen der AMD:

Projekt C05 beleuchtet die Rolle von Galektinen in der Netzhaut und deren Einfluss auf die Pathogenese der AMD.

Projekt C06 untersucht die Bedeutung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) bei entzündlichen Netzhauterkrankungen.

Projekt C07 widmet sich der Rolle des Inflammasoms bei degenerativen Erkrankungen der Netzhaut, insbesondere bei AMD.

Die Projekte C05 bis C07 sind stark miteinander verbunden, da sie Mikrogliazellen als zelluläre Zielstruktur für Entzündungsprozesse untersuchen.

Forschungsbereich Z – Serviceprojekte

Zur Unterstützung aller Projektbereiche und Teilprojekte sowie zur Stärkung der zentralen Ziele unseres SFB – Translation und optimierte Bildgebung – wurden fünf Serviceprojekte im Projektbereich Z eingerichtet:

Ziel des translationalen Serviceprojekts Z01 „Therapeutische Antikörper-Produktionseinheit“ ist es, die Translation von grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnissen in die klinische Anwendung über den gesamten Förderzeitraum des SFB 1607 hinweg gezielt zu fördern.

Z02 Imaging Core Unit (ICU): dieses Projekt umfasst eine hochmoderne und weltweit einzigartige Bildgebungseinrichtung für das Tierauge, die während der Förderperiode der FOR2240 (2015–2023) durch die Medizinische Fakultät der Universität zu Köln und die DFG aufgebaut wurde.

Z03 ist zuständig für die Verwaltung des SFB sowie die Unterstützung von Clinician Scientists im Rahmen des Programms.

Das Z04 Graduiertenkolleg „Auge und Entzündung“ ist essenziell für die Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Augen- und Entzündungsforschung – sowohl innerhalb des SFB als auch überregional.

Der Fokus des Z05 INF-Projekts liegt auf Datenmanagement, -speicherung und -analyse, insbesondere durch KI-gestützte Bildanalyse und Data Mining.

Hintergrund – Warum dieser SFB 1607 genau jetzt?

    1. Altersbedingte, zur Erblindung führende Augenerkrankungen nehmen deutlich an Häufigkeit zu. Der Druck steigt, diese Krankheiten besser zu verstehen – und auf Basis dieses Verständnisses neue therapeutische Ansätze zu entwickeln.
    2. Immer klarer wird: Die meisten dieser altersassoziierten, das Sehen bedrohenden Erkrankungen sind mit fehlgesteuerter Entzündung, (Lymph)angiogenese und zellulärer Immunität verbunden.
    3. In den letzten Jahren hat ein fundamentaler Wandel im Verständnis der Rolle lymphatischer Gefäße in zahlreichen Erkrankungen – auch am Auge – stattgefunden. Sie gelten inzwischen als interessante neue therapeutische Zielstruktur, auch in der Augenheilkunde (unter Einbezug externer Expert*innen). Ähnliches gilt für den Bereich zellulärer Immunität und Entzündung.
    4. Jetzt ist es an der Zeit, unser pathomechanistisches Verständnis an der Schnittstelle von zellulärer Immunität und (Lymph)angiogenese weiter zu vertiefen – mit erweitertem methodischem und disziplinärem Know-how, fokussiert auf das Auge und seine Erkrankungen. Nur so kann der nächste Schritt gelingen: ein besseres Verständnis der Krankheitsmechanismen und die Entwicklung neuer Therapieansätze für altersbedingte Erblindungen.
    5. Unsere vorangegangene DFG-Forschungsgruppe FOR 2240 (for2240.de) hat in Köln eine synergetische Forschungslandschaft zu okularer (Lymph)angiogenese und zellulärer Immunität aufgebaut. Innerhalb dieses Netzwerks konnten sich junge Talente z. B. über das CCSP (Cologne Clinician Scientist Program) weiterentwickeln. Die starke Vernetzung mit der Medizinischen Fakultät, dem CMMC und CECAD belegt die hohe Integrationskraft dieses Forschungsfelds in Köln. Es besteht nun erheblicher Bedarf an langfristiger struktureller Förderung, um diese Entwicklung zu sichern und sie als Zentrum translationaler Forschung in Köln zu etablieren.
    6. Die pharmazeutische Industrie zeigt zunehmendes Interesse an der Augenheilkunde, was die Chancen für translationale Fortschritte deutlich erhöht. Umso mehr braucht es eine starke klinisch orientierte Grundlagenforschung und präklinische Testung.
    7. Einige der hier betrachteten Krankheiten zählen mittlerweile zu den Volkskrankheiten:
    • Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) betrifft etwa 50 % der über 80-Jährigen in Deutschland.
    • Rund 20 % der über 50-Jährigen sind von Formen des Glaukoms betroffen.
    • Über 5 % der über 50-Jährigen leiden an Hornhautdystrophien wie der Fuchs-Endotheldystrophie – oft mit der Folge einer Hornhauttransplantation und möglichen Abstoßungsreaktionen.
    • Das Trockene Auge betrifft schätzungsweise 10 % der Gesamtbevölkerung.

    Auch seltene, aber pathomechanistisch besonders aufschlussreiche Erkrankungen bleiben bislang weitgehend unbeachtet.

Ziele des SFB 1607

  • Die koordinierte Erforschung der bislang nur unzureichend verstandenen Pathogenese fehlgeleiteter immunologischer und neovaskulärer Prozesse am Auge, mit einem besonderen Fokus auf altersassoziierte Erkrankungen (ohne primären Fokus auf Alterungsmechanismen selbst).
  • Die Entwicklung und (teilweise) translationale Umsetzung innovativer diagnostischer und therapeutischer Konzepte für diese Erkrankungen.

Indem das Auge nicht nur als Zielorgan, sondern auch als Modellsystem genutzt wird, adressiert unser interdisziplinäres Team gemeinsam mit externen Expert*innen nicht nur offene Forschungsfragen in der Augenheilkunde, sondern möchte auch grundsätzliche Krankheitsmechanismen und neue Therapieansätze entschlüsseln, die über die Augenheilkunde hinaus Relevanz besitzen.

Beispielsweise ist die normalerweise transparente und gefäßfreie Hornhaut ein hervorragendes Modell zur Erforschung von (Lymph-)Angiogenese. Ebenso eignet sich das Mausmodell der Hornhauttransplantation ideal, um Interaktionen zwischen Immunzellen und Lymphgefäßen zu untersuchen. Erkenntnisse aus diesen Modellen wirken weit über das Auge hinaus – ebenso wie Studien mit Collaborative Cross Line-Mäusen, in denen neue endogene Regulatoren der Lymphangiogenese (z. B. Tyrosinase, TSP1, TRAIL, Cystathionin-β-Synthase) identifiziert werden, die auch für andere medizinische Fachgebiete von Bedeutung sind.

Projekt­bezogene Publikationen

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